Dieses Blog durchsuchen

Mittwoch, 6. Mai 2015

Ich bin Erzieherin aus Überzeugung, aber...





Hallo zusammen,
auch ich möchte mich gerne an den Diskussionen um den Kitastreik beteiligen. Allerdings nur schriftlich, denn ich streike nicht…ich darf es nicht, aber ich möchte es auch nicht. Die Eltern können nichts für die schlechte Bezahlung und die schlechten Arbeitsbedingungen, denen wir Erzieher/-innen gegenüberstehen und mit denen wir jeden Tag kämpfen müssen. Ich arbeite gerne als Erzieherin, liebe meinen Job, meine Kita und meinen Arbeitsplatz! Ich möchte niemals etwas anderes machen als Erzieherin in einer Krippe zu sein. Ich bin in meiner jetzigen Kita Zuhause, fühle mich wohl und möchte nie dort weg. Für die Umstände unter denen Erzieher/-innen arbeiten müssen, können die Kitas nichts, können die Gemeinden nichts. Nur die Gesetzgeber können etwas dazu. Ich könnte den ganzen Tags schimpfen und meckern, wie schlimm es heutzutage ist Erzieher/-in zu sein, doch das tu ich nicht. Stattdessen organisiere ich meine Arbeit mit meiner Kollegin so, dass wir gut arbeiten können und verzichte dafür einfach auf einige Angebote, die vielleicht gewünscht werden, aber so nicht machbar sind. Unsere Eltern sind so verständnisvoll und lieb, dass ich sie niemals für das leiden lassen würde, was die Politik verbockt!
Ich bin nun seit knapp 3 Jahren Erzieherin. 2012 habe ich meine Ausbildung zur Waldorferzieherin abgeschlossen und arbeite heute in einem Kindergarten in NRW. Obwohl die Ausbildung zur Erzieherin auch heute noch nicht ausreichend die Betreuung der U3-Kinder beinhaltet, habe ich mich schon während der Ausbildung auf die Arbeit mit kleinen Kindern spezialisiert – alleine, privat, von meinem eigenen Geld, welches ich in der Ausbildung eigentlich gar nicht hatte.
Mein Anerkennungsjahr habe ich – ohne Gehalt zu bekommen – in einer U3-Gruppe absolviert. Warum ohne Geld? Ganz einfach, ich wollte mit meinem ganzen Herzen im U3-Bereich arbeiten. Damals, also 2011, gab es aber noch so gut wie keine Kleinkindgruppen hier bei uns in Dortmund. Da ich auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen war, konnte ich aber auch nicht allzu weit weg von meiner Heimatstadt arbeiten. Außerdem, und das ist wohl der wichtigste Punkt, hat sich mein Herz an diesen Kindergarten gehängt. Ich habe bereits in meinem vorigen Ausbildungsjahr meine Praktika in dieser Kita, in dieser Gruppe, gemacht und fühlte mich einfach wie Zuhause, einfach willkommen und gerne gehabt. Die Eltern, Erzieher-/innen und nicht zuletzt die Kinder haben mir damals so viel gegeben, dass ich einfach nur dort arbeiten wollte, vollkommen egal unter welchen Bedingungen.
Während des Anerkennungsjahres habe ich die Weiterbildung zur Piklerpädagogin besucht. Vom Kindergarten habe ich eine kleine Spende bekommen, um die Kosten im dreistelligen Bereich OHNE Unterkunft und Verpflegung tragen zu können. Außerdem wurde mit in diesem Jahr mein Bafög gekürzt, so dass ich auch da erstmal auf die Hilfe meiner Familie angewiesen war.
Wie Sie also sehen können, habe ich mit sehr wenig Geld angefangen und hatte einige Hürden zu überwinden, bis ich letztendlich heute hier stehe und diese Artikel schreibe.
Und genau deshalb, weil ich auch Zeiten kenne, in denen ich wesentlich schlechter dastand und nicht wusste, wie ich alles bezahlen soll, möchte ich mich nicht über meinen Lohn beschweren.
Für mich ist mein Lohn ausreichend, da stehe ich zu und ich brauche an erster Stelle nicht mehr Gehalt.
Was ich – und ich glaube, da spreche ich auch für meine Kolleginnen – wirklich brauche, sind Mittel für die Kitas, mehr Personal, bessere Grundbedingungen!
Ich arbeite in einer Gruppe mit 12 U3-Kindern und habe lediglich eine Kollegin. Wir sind zu zwei mit den Kindern, eine Anerkennungspraktikantin unterstützt uns in diesem Jahr. Im nächsten Jahr, da bekommen wir keine Praktikantin! Da sind wir nur noch zu zweit für die Kinder zuständig!
Es ist nicht so, dass ich meine Arbeit nicht gerne mache, ich liebe meine Arbeit und möchte sie nicht hergeben oder mit jemandem tauschen. Doch jetzt verraten Sie mir mal, wie ich mit 2 Erzieherinnen und 12 Kindern Angebote, Förderung usw. durchführen soll?
Unser Tagesablauf sieht so aus, dass wir um 9 Uhr frühstücken, um 10 Uhr rausgehen, um 11.30 Uhr Mittagessen, um 12.15 Uhr schlafen gehen und um 14.00 Uhr werden schon die ersten Kinder abgeholt, eine Kollegin hat Feierabend oder Vorbereitungszeit.
Zwischendurch wird natürlich auch noch gewickelt, angezogen, ausgezogen, die Küche vorbereitet, das Mittagessen verteilt usw.
Das Zeitfenster für Angebote ist wirklich klein. Und bei so kleinen Kindern es einfach nicht möglich alleine ein Projekt durchzuführen. Ganz davon abgesehen, dass wir das auch nicht dürfen, wegen der Aufsichtspflicht.
Was ich mir von den Streiks erhoffe?
Ganz einfach: Ich möchte mehr Anerkennung für das, was ich leiste, jeden Tag! Jeden Tag sind mir diese 12 Kinder anvertraut, denen ich eine schöne und spannende Zeit bieten möchte. Ich möchte ihnen neue Dinge zeigen, sie mit verschiedenen Bereichen vertraut machen, möchte mit ihnen gemeinsam lachen und Freude haben. Ich sitze nicht nur da und bastele ein paar Blumen, trinke meinen Tee und gucke den Kindern ein bisschen beim Spielen zu. Wann soll ich das denn bitte machen bei dem strammen Zeitplan, den wir haben? Ich trinke übrigens maximal eine Tasse Tee beim Frühstück und ein Glas Wasser beim Mittagessen, während ich die Kinder versorge und beim Essen unterstütze. Wenn man bedenkt, dass ich an langen Tagen von 7.00 - 16.15 Uhr in der Kita bin, ist das verdammt wenig, was ich so trinke!
Ich möchte mehr Personal für Krippengruppen vorgesehen haben, denn auch die Kleinen haben ein Anrecht auf spannende Experimente! Sie haben ein Anrecht auf eine liebevolle, ruhige Pflege, sie haben ein Anrecht darauf gehört zu werden, neue Dinge zu lernen und zu erforschen.
Ich komme mir manchmal wie ein Hamster im Rade vor, ich rotiere den ganzen Tag und es leiden einfach die Kinder drunter. Sie wollen gerne ein Buch lesen, ein Buch für 2-Jährige…Sie können sich vorstellen, wie lang diese Geschichten sind? Gut, denn bei diesem einen Buch unterbreche ich das Lesen bestimmt 4-5x, weil ich an einer anderen Stelle gebraucht werde, weil einfach nicht genügend Kräfte da sind, die mithelfen. Ich drücke dem Kind das Buch in die Hand, stehe auf und komme teilweise erst 5 Minuten später wieder. Und 5 Minuten sind für ein kleines Kind wirklich sehr lang. Meistens ist das Kind dann schon woanders und hat das Buch liegen gelassen L Mir tut es einfach im Herzen weh, dass die kleinen Mäuse drunter leiden müssen, dass wir Großen nicht genug Personal haben, um ihnen gerecht zu werden…
Ich verzichte gerne auf eine Lohnerhöhung, wenn sich dafür die Rahmenbedingungen in den Kitas ändern. Gerne verzichte ich auf eine Lohnerhöhung, wenn ich dafür eine 3. Kraft in meine Gruppe bekomme, damit ich meine Arbeit so leisten kann, wie ich es mir vorstelle. Ich habe die Ausbildung gemacht, damit ich den Kindern zur Seite stehen kann und ihnen den Start in die große Welt, die für die meisten ja mit der Krippe beginnt, sanft und schonend zeigen kann! Dafür stehe ich und so möchte ich arbeiten, ohne Hetzerei, schlechtes Gewissen und einer Magenschleimhautentzündung verursacht durch den ganzen Stress!
Danke, dass Sie bis hier hin gelesen haben! Gerne dürfen Sie den Beitrag teilen!
Eine Erzieherin aus Überzeugung und mit ganzem Herzen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen